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Sourcing Modelle in der IT: Wie Unternehmen und Service Provider sich Aufgaben und Verantwortung teilen können

Peter Bauer

Peter Bauer ist in seiner Rolle als Managing Partner bei matrix technology für die Leistungserbringung aller IT-Servicekunden verantwortlich - unter anderem auch aus dem finanzregulierten Umfeld.

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Unternehmen suchen die besten IT-Lösungen für ihre individuellen Anforderungen. Ein wichtiger Teil ist die Wahl des passenden Sourcing-Modells. Damit ist gemeint, wie – und vor allem von wem – die jeweils benötigten Anwendungen, Plattformen und Infrastrukturen betreut bzw. gemanaged werden. Wir geben einen Überblick über IT-Sourcing-Optionen und zeigen, worin diese sich unterscheiden. 

Wichtig ist dabei: Hier verwendete Begriffe wie “IT-Outsourcing”, “Managed Services” oder auch verschiedene “as a Service”-Modelle sind nicht zu 100 Prozent trennscharf. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Bezeichnungen zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden sind. Es gibt eine parallele Entwicklung von Technologien und IT-Betriebsmodellen, die nicht abgeschlossen ist. Somit sind alle Sourcing-Varianten heute zeitgleich verfügbar - und können damit je nach Bedarf gewählt werden.

IT-Outsourcing (und RZ-Auslagerung)

IT-Outsourcing bezeichnet für uns – und so nehmen wir es auch in der Definition unserer Kunden wahr – die Auslagerung einer hohen Anzahl an IT-Services mit einer sehr umfassenden Leistungserwartung an den externen IT-Dienstleister. Kunden, die noch ein eigenes Rechenzentrum (RZ) betreiben, sprechen hier häufig auch von einer RZ-Auslagerung. 

Bei einem IT-Outsourcing sind neben den zentralen Backend-Services (Rechenzentrum/Server/Storage/Backup) häufig auch das Client Management – also die Bereitstellung und die Betreuung der Notebook- und Desktop Infrastruktur, der User Help Desk für die Anwenderinnen und Anwender, aber auch Netzwerk (LAN/WLAN) und Security Services inkludiert. Ebenso sind Office IT-Anwendungen (Mail, Collaboration Tools etc.) häufig im Scope des Outsourcings.  
 
Kunden erwarten bei einem IT-Outsourcing meist auch, dass der Dienstleister die wesentlichen Assets wie Server, Notebooks und Storage-Systeme bereitstellt und sich um die Lifecycle-Maßnahmen – also die regelmäßige Erneuerung der Assets – kümmert. Auch die IT-Betriebsprozesse – häufig orientiert am ITIL-Standard – werden meist vom IT-Provider mitgebracht und nach dessen Vorgaben etabliert. 
 
Seit der Verbreitung von Cloud Services wird in den letzten Jahren auch verstärkt von "Cloud Sourcing" gesprochen – auch wenn weiterhin klassische, virtualisierte RZ-Infrastrukturen im Fokus der Anfragen stehen. 
 

IT-Outtasking

Weit weniger verbreitet ist der Begriff IT-Outtasking. Er entstammt der Kombination der Wörter "Outsourcing" und "Task". Die Idee hinter dem IT-Outtasking ist es, dass nicht ganzheitlich Verantwortung an einen IT-Dienstleister übergeben wird, sondern lediglich bestimmte Aufgaben und Teilleistungen. Im Kern behält der Kunde weiterhin die Kontrolle über die Gesamtleistung und greift hier flexibel auf Ressourcen und Kompetenzen eines Dienstleisters zurück. 

Insbesondere in sehr großen Organisationen war das Modell des Outtaskings weit verbreitet. So wurden einzelne IT-Schichten – z.B. der OS-Betrieb, der Storage-Betrieb oder der Backup-Betrieb – an einen spezialisierten Dienstleister "outgetaskt". Dies hatte jedoch zur Folge, dass der Steuerungsaufwand beim Kunden, zwischen den einzelnen Dienstleistern, sehr hoch und eine entsprechende Retain-Organisation notwendig war. Das IT-Outtasking hat sich als Begriff und Servicemodell nie vollständig etabliert und wurde mehr und mehr durch Managed Services abgelöst, die sehr ähnlich im Servicekonzept sind.
 

Managed Services

Managed Services sind meist klar definierte Aufgabenpakete, die ein IT-Dienstleister für den Kunden übernimmt. Der Managed Service bezieht sich dabei auf bestimmte Technologieschichten oder Infrastrukturkomponenten. Ein Beispiel wäre hier der Managed Service zur Serverbetreuung: Eine mögliche Vereinbarung wäre, dass der Dienstleister …

•    aktiv die Systeme überwacht.
•    aufkommende Monitoring-Meldungen bearbeitet.
•    Incidents, die der Kunden bzgl. des Servers eröffnet, bearbeitet. 

Managed Services können auch auf Infrastrukturkomponenten von Kunden aufsetzen. Dabei wird die Serverlandschaft nicht beim Dienstleister gehostet und von dort bereitgestellt, sondern die Server sind im Eigentum des Kunden. Oftmals wird der Begriff auch im Kontext von IT-Outsourcing-Ausschreibungen verwendet. Ein Managed Infrastructure Service kann identisch sein mit "Infrastructure as a Service" - womit wir im Cloud-Zeitalter angekommen wären. 
 

Cloud Services und "as a Service"-Modelle

Die “as a Service”-Modelle entstanden zusammen mit (Public) Cloud Services wie AWS oder Microsoft Azure. Neben dem Oberbegriff "Cloud Services", der mittlerweile auch im klassischen IT-Outsourcing häufiger verwendet wird und dabei primär auf die Bereitstellung von Rechenkapazitäten in Private Clouds abzielt, haben sich drei wesentliche Begriffe etabliert: 

  1. Infrastructure as a Service (IaaS): Die Bereitstellung von IT-Infrastrukturkomponenten wie Compute Power oder Storage Kapazität.  
  2. Platform as a Service (PaaS): Spezifische Platform Services wie Datenbanken und Middlewarekomponenten, aber auch Entwicklertools und Microservices der großen Hyperscaler werden als Platform as a Service beschrieben. 
  3. Software as a Service (SaaS): Der Kunde erhält komplette Anwendungen "aus der Steckdose"; die darunterliegenden Komponenten spielen dabei keine Rolle mehr und das Preismodell ist meist auf "User/Anwender" abgestellt. Typische Beispiele hierfür sind Salesforce CRM oder auch bestimmte M365 Services, die direkt nutzbar sind. 

Diese Bezeichnungen haben auch Einzug in die klassische IT-Outsourcing-Welt gehalten. Einerseits, da sie ein Teil des Sourcing-Bedarfs der Kunden sind – z.B. sind M365 Services häufig ein Teil des Gesamt-Outsourcings, andererseits werden auch in der Non-Public-Cloud-Welt Begrifflichkeiten wie Infrastructure as a Service oder "SaaS" verwendet, wenn damit bestimmte Übergabepunkte und Leistungsverständnisse der Kunden ausgedrückt werden sollen.  In einem weiteren Beitrag widmen wir uns im Detail der Unterscheidung von SaaS, PaaS und IaaS.
 

Beispiele für SaaS, PaaS, Iaas
Abb. 1: Beispiele für SaaS, PaaS und IaaS

Managed Capacity

Durch die sehr agile Nutzungsart von Public Cloud Services und der damit einhergehenden, sich ständig verändernden Baseline an IT-Services und Workloads verbreitet sich ein weiteres Servicemodell: 
Managed Capacity. Dabei geht es nicht um das klassische Capacity Management aus der ITIL-Welt, sondern eher um eine Weiterentwicklung des bereits aufgeführten IT-Outtasking.

Bei Managed Capacity arbeiten die internen IT-Betriebsteams des Kunden sowie die Experten des Service Providers zusammen in einem virtuellen DevSecOps-, DevOps- oder Operations-Team. Dabei ist die Verantwortung nicht – wie etwa in klassischen Outsourcing-Szenarien – klar getrennt, sondern das virtuelle Team hat gemeinsam die Betriebsverantwortung. 

Vorteil dieses Ansatzes: hohe Flexibilität und geringer Aufwand für Vertragsanpassungen und Änderungen. Die gewonnene Flexibilität bedeutet jedoch gleichzeitig ein Nachteil, zumindest im Vergleich zu klassischen Verfügbarkeitsvereinbarungen, wie wir sie aus anderen Betriebsmodellen kennen:  Es existieren keine klassischen Verantwortungsübernahmen und harte (Verfügbarkeits-) SLAs für den Service Provider. 

Dieses Modell eignet sich besonders für Kunden, die am Anfang ihrer Cloud Journey stehen oder die Strategie verfolgen, die Verantwortung für die Workloads weiterhin im eigenen Haus zu haben. Sehen Sie sich hierzu auch unseren Fachbeitrag zum Thema Managed Capacity an.
 

Zusammenfassung: Sourcing-Modelle im Kurzüberblick

Jedes Sourcing-Modell hat seine Berechtigung und betont unterschiedliche Aspekte des Servicemodells. Gleichzeitig werden sie aber häufig synonym oder in Kombination zueinander verwendet. Die aus unserer Sicht wesentlichen Unterschiede sind auf einen Blick: 

  • IT Outsourcing: Vollumfassend | Große Verantwortung beim Dienstleister | Assets und Prozesse werden meist durch Dienstleister gestellt
  • IT Outtasking: Dediziert bezogen auf einzelne Technologie- bzw. Infrastrukturkomponenten | viele Schnittstellen | Fokus liegt auf Dienstleistung | hohe Aufwände im Provider Management  
  • Managed Services: Modular | klare Verantwortung und Aufgaben beim Dienstleister | kann Teil eines Outsourcings sein 
  • Cloud Services: Flexibel | mit unterschiedlichen Übergabepunkten (IaaS/PaaS/SaaS) | kann Teil eines Outsourcings sein 
  • Managed Capacity: Flexibel und agil | gemeinsame Verantwortung mit dem Kunden | vergleichbar mit dem traditionellen IT-Outtasking   

 
Die Erfahrung zeigt, dass jeder Kunde eine individuelle Sourcing-Strategie verfolgt und – unabhängig von der Überschrift des Vertrages – seine Schwerpunkte in den Gesprächen und den Vertragsinhalten mit dem Provider setzt. Als Service Provider empfehlen wir hier, sich durch erfahrene Sourcing-Berater unterstützen zu lassen und die Zielsetzungen möglichst transparent und offen mit den potenziellen Service Providern zu besprechen.