24.07.2014
IT-Provider erfolgreich steuern
Soviel steht fest: Der Erfolg oder Misserfolg von Outsourcing-Projekten hängt ganz erheblich von einem funktionierenden IT-Providermanagement ab, das sowohl die Interessen des outsourcenden Unternehmens als auch die des Providers versteht. Das weiß auch Thomas Gruber, der im Auftrag der matrix schon bei verschiedenen Kunden als IT-Providermanager tätig war.
Herr Gruber, was genau muss man sich denn unter IT-Providermanagement vorstellen?
Als klassischer Dienstleistungssteuerer hat der IT-Providermanager dafür Sorge zu tragen, dass Outsourcing-, Outtasking- oder Gewerkverträge gemäß der vertraglich vereinbarten Kriterien eingehalten werden, und das in angemessener Leistungsqualität. Außerdem stellt er sicher, dass der Dienstleister bestimmte gesetzliche, regulatorische Vorgaben im Sinne des Kunden erfüllt.
Sie waren in der Vergangenheit bereits für Kunden unterschiedlicher Branchen und Größenordnung als Providermanager aktiv. Worin besteht Ihrer Erfahrung nach die größte Herausforderung in der Zusammenarbeit zwischen Kunde und Dienstleister?
Die größte Herausforderung besteht in aller Regel darin, die Vertragsinhalte und vom Dienstleister gewünschten Klauseln bis ins letzte Detail zu durchdringen. Ist das aufgrund mangelnder Fachkenntnisse nicht gegeben, dann fällt es dem Kunden unter Umständen schwer, die Leistung so einzufordern, wie sie seiner Meinung nach ausgeschrieben war.
Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Einer unserer Kunden sollte plötzlich für einen Releasewechsel extra bezahlen, obwohl sich die Systeme beim zuständigen Dienstleister ganz normal in der Wartung befanden.
Wie kann das outsourcende Unternehmen dem vorbeugen?
Ich empfehle, die Personen, die später die Zusammenarbeit steuern, von Anfang an an der Vertragserstellung zu beteiligen – gegebenenfalls mit externer Unterstützung. Wichtig ist, sicherzustellen, dass die Dienstleister, die auf die Ausschreibung anbieten, den ausgeschriebenen Leistungsumfang akzeptieren müssen, und keine Ausschlüsse, Änderungen und Klauseln einbringen können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Dienstleister dem Kunden später zu erklären versucht, er habe etwas falsch verstanden, was dann entweder in schlechtere Leistung als erwartet mündet oder dazu führt, dass der Provider zusätzliche Zahlungen für angeblich per Klausel ausgeschlossene Leistungen verlangt.
In vielen Fällen ist das übrigens ein entscheidendes Bewertungskriterium des ausschreibenden Unternehmens: Je mehr Änderungen der Dienstleister an dem ausgeschriebenen Werk vorzunehmen versucht, desto schlechter wird er bewertet.
Und was empfehlen Sie dem Dienstleister, um die Zusammenarbeit so reibungslos wie möglich zu gestalten?
Der Dienstleister sollte sich bereits in einem frühen Stadium einen detaillierten Eindruck vom späteren Zusammenarbeitsmodell, also von den geplanten Abläufen und Prozessen, verschaffen. Dieses ist nämlich in den Verträgen meist nur sehr generisch beschrieben. Deshalb sollten Kunde und potenzieller Dienstleister sich im Idealfall schon während der Ausschreibungsphase an einen Tisch setzen und grob skizzieren, wie die operativen Abläufe tatsächlich aussehen könnten. Wichtig ist z. B., zu wissen, wie viele Ticketsysteme es geben soll, welches davon führend sein wird und wie die verschiedenen Systeme verbunden werden.
So kann vermieden werden, dass sich zu Beginn der Transition herausstellt, dass bestimmte Prozesse, die der Provider als gegeben angenommen hat, auf Kundenseite noch gar nicht etabliert sind.
Das IT-Providermanagement deckt verschiedene Facetten der Zusammenarbeit ab – vertraglich, technisch, kaufmännisch… Wo besteht in Ihren Augen der größte Handlungsbedarf?
Der Fokus liegt in meinen Augen auf den operativ-technischen Themen, weil hier letztendlich die Leistung entsteht. Vertragswerk und Preise sind davon meist entkoppelt: Oft gibt es einen dedizierten Vertragssteuerer, der sich in der Regel ausschließlich um vertragsadministrative Angelegenheiten wie Vertragsänderungen und damit verbundene Preisverhandlungen kümmert.
Welchen Mehrwert bietet IT-Providermanagement dem outsourcenden Unternehmen?
IT-Providermanagement macht die erhaltene Leistung anhand bestimmter Kriterien messbar. Das bedeutet konkret: Der Kunde muss die Leistung des Providers nicht aufgrund eines Bauchgefühls akzeptieren oder für schlecht befinden, sondern kann zu deren Bewertung die Verträge zu Rate ziehen. Dabei stellt sich häufig heraus, dass eine Leistung, die gefühlt als schlecht empfunden wird, tatsächlich noch innerhalb der vertraglich festgelegten Toleranzen liegt und gar kein Grund zur Sorge besteht.
Gleichzeitig lassen sich natürlich tatsächliche Fehlentwicklungen frühzeitig erkennen und entsprechend gegensteuern, technisches und finanzielles Potenzial ausschöpfen und der Service insgesamt optimieren.
Als Pendant zum IT-Providermanagement gibt es auf Dienstleisterseite in der Regel ein IT-Servicemanagement. Welche Funktion erfüllt der Servicemanager?
Der Servicemanager fungiert als Mittelsmann und Dolmetscher zwischen dem Kunden und dem Dienstleister: Der Kunde nutzt für seine Requests meist keine technischen Terms. Aufgabe des Servicemanagers ist es, diese in technische Anforderungen zu übersetzen und auch zu hinterfragen: Welche Servicezeiten, Verfügbarkeiten und Performance werden benötigt? Gleichzeitig steht der Servicemanager gegenüber dem Kunden für die Qualität der erbrachten Leistung gerade.
Ich habe es aber auch schon erlebt, dass während der Vertragslaufzeit festgestellt wurde, dass die Zusammenarbeit nicht funktionierte. Daraufhin wurde von extern eine neutrale Instanz als Servicemanager benannt, der sich unvorbelastet ein Bild von der Situation machte, die Verträge prüfte und hinterfragte, ob die Leistung der vereinbarten Qualität entsprach oder ob der Kunde mehr erwarten durfte, als tatsächlich geleistet wurde. Hier sind wir wieder bei dem, was ich vorher schon erwähnt habe: Schwammige Verträge stellen ein großes Risiko dar. Deshalb sollte hier am Anfang genügend Zeit investiert werden, um mit einem lückenlosen Vertragswerk die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu legen.